Die Kanalinseln

Ein Gastbeitrag von NamelessGuy

Einleitung und Anreise
Die Kanalinseln standen bereits seit längerer Zeit auf meiner Liste der noch zu besuchenden Länder in Europa. Diese Osterferien ergaben sich dann tatsächlich mal ein paar freie Tage, um diesen Trip durchzuführen. Da ich im Vorfeld den meisten Verwandten und Freunden erst einmal erklären musste, wo diese Kanalinseln denn genau liegen, hier auch noch ein kurzes Vorwort zur geographischen Lage. Die Kanalinseln sind eine Inselgruppe im Ärmelkanal zwischen England und Frankreich. Historisch betrachtete sind sie ein Rest des historischen Herzogtums Normandie, gehören aber weder zu Frankreich noch zu Großbritannien, sondern sind als Kronbesitzungen direkt der britischen Krone unterstellt und damit zum Teil unabhängig.

Auf meiner Reise wollte ich die Inseln Guernsey, Sark und Jersey besuchen. Da die Tourismussaison allerdings erst im Mai so richtig anläuft, gab es noch keine einfache Flugverbindung von Deutschland aus, sodass ich die Anreise etwas individualisieren musste und auch noch die Insel Alderney mit ins Programm aufnehmen konnte.

Für die Flugroute der Anreise buchte ich zwei getrennte Tickets DUS–AMS–SOU mit KLM und SOU–ACI–GCI mit Aurigny Air. Der erste Flug nach Amsterdam startete sehr früh in Düsseldorf in einer Embraer ERJ-190 wie gewohnt ausgeführt von German Airways, einer deutschen Charterfluggesellschaft im Auftrag von KLM. Der Flug ging gerade einmal 30 Minuten. Über den Wolken gab es den Sonnenaufgang zu bestaunen und einen spärlichen Snack als Frühstück.

Für das zweite Flugsegment nach Southampton habe ich beim Online-Check-In ein preislich akzeptables Angebot für ein Business-Class-Upgrade angenommen. Ich hatte in Amsterdam zwar nicht viel Aufenthalt, aber nachdem ich durch die Passkontrolle in den Non-Schengen-Bereich gewechselt hatte, suchte ich dennoch kurz die KLM Lounge auf. Diese ist ausgesprochen groß und erstreckt sich über zwei Etagen. Unten befinden sich das Buffet und reichlich Sitz- und Arbeitsmöglichkeiten. Eine Etage höher liegt das À-la-Carte-Restaurant und die Bar. Etwas ungewöhnlich empfand ich, dass es an der Bar jeweils immer nur ein alkoholisches Getränk jeder Kategorie kostenlos gab und „höherwertige“ Getränke selbst bezahlt werden mussten. Da ich allerdings sowieso nicht viel Zeit hatte, war dies für mich heute nicht relevant. Schon musste ich zum Gate und durfte in die Business-Class einer neuen Embraer E195-E2 von KLM Cityhopper einsteigen. Die Flugbegleiterinnen waren sehr aufmerksam, aber die optisch ansprechende Frühstücksbox hat mich geschmacklich überhaupt nicht überzeugt. Laut Menübeilage gab es „Creamy coco with fresh fruit and mango coconut granola“ und „Pancakes with strawberry, raspberry and mint chutney“. Wirklich frisch schmeckten die Früchte nicht und Kokosnuss ist auch nicht mein Fall. Die Pancakes waren recht trocken und die Minze passte meiner Meinung nach nicht in die süße Erdbeer-Himbeer-Soße. Zumindest hatte ich einen herrlichen Ausblick auf London beim Überflug ehe wir nach exakt einer Stunde in Southampton landeten.

In Southampton hatte ich zwei Stunden Aufenthalt, was ausreichend Zeit war, um für meinen Weiterflug auf dem nächsten Ticket einzuchecken. Nach der Ankunft musste ich erst noch durch die Passkontrolle und in Kombination mit dem erst diesen Monat neu eingeführten ETA konnte ich nach Großbritannien einreisen. Eigentlich hätte ich direkt von Southampton nach Guernsey fliegen können, aber es gab auch die Möglichkeit mit einer Dornier 228 den Hüpfer über Alderney zu machen. Da ich unbedingt mal mit diesem Flugzeugtyp fliegen wollte, nutzte ich diese Verbindung und konnte so auch noch eine weitere Kanalinsel besuchen. Der Online-Check-In ist bei Aurigny Air auf Flügen mit einer Dornier nicht verfügbar, also musste ich noch kurz zum Schalter, um mir ein Papierticket abzuholen. Hier hatte ich noch die freie Platzwahl und ergatterte einen Platz in Reihe 1 ganz vorne. Damit ging es durch die Sicherheitskontrolle, an der nichts los war. Der Flughafen ist sehr klein und so suchte ich die Spitfire Lounge auf. Der Weg dorthin führte durch ein paar schmale verschlungene Gänge bis ich vor einer verschlossenen Tür stand. Da niemand zu sehen war, betätigte ich die Klingel und kurz darauf wurde ich hereingelassen. Die Kollegin sei in der Mittagspause, aber ich dürfte schon mal herein und die Anmeldung würde später gemacht. Für mich kein Problem und so nahm ich auf den gemütlichen Sesseln in einer Kaminzimmeratmosphäre Platz und erkundete das Buffet. Die Essensauswahl war überschaubar, aber lecker und dazu fand ich auch ein passendes Kaltgetränk.

Als es Zeit für das Boarding wurde, ging ich zum Gate. Ungewöhnlicherweise wurde vor dem Beginn des Boardings ein Fernseher an das Gate geschoben und das Sicherheitsvideo zur Dornier abgespielt. Dann durften wir nach Sitzreihen sortiert in die G-OAUR einsteigen. Da ich in Reihe 1 saß, war ich als Erster an Bord. Das Flugzeug war so breit wie hoch, fasste gerade einmal maximal 19 Passagiere und man musste sehr gebückt durchgehen. Die beiden Piloten saßen bereits auf ihren Plätzen. Lediglich ein Vorhang trennte das Cockpit von den Passagieren, der erfreulicherweise auch den gesamten Flug über offen blieb. Der Pilot verlor auch noch ein paar kurze Worte zur Notausgangslage und dann begannen die beiden mit ihrer Checkliste. Es gab weder eine Stewardess noch Bordverpflegung oder Toiletten an Bord, dass bei dem kurzen 30-minütigen Flug aber in Ordnung war. Dann ging es los und ein Flug in so einer kleinen Maschine ist immer wieder ein tolles Erlebnis. Die maximale Flughöhe betrug gerade einmal 2000 m und die Sicht war sowohl aus dem Seitenfenster als auch nach vorne hin super. Schon bald kam der Flughafen Alderney mit seinen 3 kurzen Start- bzw. Landebahnen in Sicht. Zwei davon sind Graspisten und wir landeten auf der einzigen asphaltierten, die aber auch nur 870 m lang ist. Dies ist auch der Grund, warum auf den Strecken über Alderney nur die kleinen Dornier fliegen. Während die anderen Passagiere zuerst durch die Tür hinten aussteigen konnten, habe ich mich noch ein wenig nett mit einem der Piloten unterhalten. Er fand es faszinierend, dass ich extra wegen dieses Flugzeugtyps diese Route geflogen bin, und erzählte mir, dass sie auch der einzige Betreiber in ganz Europa seien.


Alderney
Ortszeit 11:30 Uhr war ich also endlich auf den Kanalinseln angekommen. Die Insel Alderney, die ich zugegebenermaßen nur als Zwischenstopp eingebaut hatte, misst gerade einmal 2,3 × 5,8 km und beheimatet ca. 2000 Einwohner. Alle Passagiere wurden in einen kleinen Raum geführt, in dem wir auf die Koffer warten mussten. Ich reiste zwar nur mit Handgepäck, aber es musste gewartet werden, bis jeder sein Gepäckstück bekommen hatte. Dann ging es an zwei Zollbeamtinnen, die aber weder Passdokumente noch Gepäckstücke sehen wollten, nach draußen.

Bis zu meinem Weiterflug hatte ich etwas mehr als 4 Stunden und ich hatte geplant, den ungefähr einen Kilometer vom Flughafen bis ins Stadtzentrum zu Fuß zurückzulegen und mich dort ein wenig umzusehen. Während des Fluges hatte ich mich allerdings angeregt mit meiner älteren Sitznachbarin unterhalten und als sie von meinen Plänen hörte, bot sie direkt an, mich in ihrem Taxi mitfahren zu lassen. Dieses Angebot nahm ich nur zu gerne an. Um ansonsten vom Flughafen wegzukommen, bleibt einem nur die Möglichkeit zu Fuß zu gehen, sich von einem Auto privat abholen zu lassen oder eben ein Taxi zu nehmen. Hat man allerdings kein Taxi vorbestellt, muss man warten, bis wieder eines der wenigen Verfügbaren frei wird.

Da ich nun nicht zu Fuß gehen musste, ließ ich mich bis ins ca. 2 km entfernte Braye mitnehmen, wo sich auch der Hafen befindet. Trotz des frühen Reisezeitraums hatte ich sehr viel Glück mit dem Wetter. Bei sonnigen 18 °C konnte ich entspannt die ersten Eindrücke auf der Insel sammeln. In Braye befindet sich auch eine der wenigen Bahnstationen der einzigen noch aktiven Bahnstrecke auf den Kanalinseln. Aktiv war sie bei meinem Besuch nicht. Da sie mehr eine Museumsbahn für Touristen ist, fährt sie nur an den Wochenenden in der Sommersaison. Ich setzte meine Runde entlang der Küste und Sandstrände in Richtung Fort Doyle fort. Auf dem Weg dorthin stieß ich auf alte deutsche Schützengräben aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese waren sehr interessant und bei meiner Erkundung kam ich sogar noch in unterirdische Truppenunterstände und Maschinengewehrbunker.

Auch in Fort Doyle erinnert alles an den letzten Weltkrieg, sodass ich mich erst einmal intensiver mit der Rolle der Kanalinseln unter deutscher Besatzung während des Krieges auseinandergesetzt habe. Wenige hundert Meter weiter gab es dann mit Fort Tourgis die nächste Militärbatterie zu erforschen. Ich muss sehr positiv hervorheben, dass alles frei zugänglich, überhaupt nicht verdreckt und ich erwartungsgemäß der einzige Besucher war. Ich hätte hier auf jeden Fall noch viel mehr Zeit verbringen und alles stundenlang bis ins kleinste Detail erkunden können, aber der nächste Flug stand mir ja auch noch bevor und bis zum Flughafen war es noch ein Stück.

Unweit von Fort Tourgis folgte ich noch einem sehr versteckten Pfad zur Wassermühle. Diese alte Mühle wurde mit viel Aufwand restauriert und gibt Einblicke in das Leben der Menschen früher auf der Insel. Auch hier lassen sich alle Räume der Mühle auf den unterschiedlichen Ebenen frei erkunden. Im Anschluss wanderte ich auf einem schmalen, teils matschigen Pfad weiter und erreichte einen versteckten idyllischen Hain. Durch ein kleines Holztor hindurch und ein paar Steinstufen herunter erreichte ich den St. Vignalis Garten. Hier hielt ich noch kurz inne, aber Mückenschwärme drängten mich dann doch schneller wieder zur Weiterreise.

Schlussendlich erreichte ich wieder den Flughafen. Das „Terminal“ ist eher eine Holzhütte, das den Ticketschalter beherbergt, an dem ich meinen Papierausdruck für den Weiterflug nach Guernsey erhielt. Ansonsten gibt es nur noch ein kleines Café und ein paar Sitzgelegenheiten. Ich kaufte eine Flasche Wasser und da ich noch kein Bargeld hatte und Kartenzahlung erst ab 3 £ möglich war, nahm ich noch ein kleines Souvenir mit dazu. Nach etwas Wartezeit wurden wir aufgerufen und durch einen Metalldetektor hindurch ging es in einen weiteren Wartebereich in einer kleinen Hütte am Vorfeld. Hier gab es lediglich ein paar Stühle und einen Fernseher, auf dem das mir mittlerweile bekannte Sicherheitsvideo abgespielt wurde. Kurz darauf ging es dann in gewohnter Manier ans Einsteigen. Das Flugzeug war wie auf dem Hinflug die Dornier 228 G-OAUR, aber dieses Mal waren es andere Piloten und ich saß in Reihe 2, von der man immer noch einen guten Blick hatte. Der Hüpfer bis nach Guernsey dauerte 18 Minuten und die maximale Flughöhe betrug gerade mal 500 m.


Guernsey
Um 16:38 Uhr landeten wir auf Guernsey und es war immer noch der erste Tag meiner Reise. Direkt am Flughafen nutzte ich einen Geldautomaten, um etwas Bargeld abzuheben. Tatsächlich kommt man auf den Kanalinseln komplett ohne Bargeld aus, da überall Kreditkarten akzeptiert werden, aber ich hatte den Auftrag, jeweils einen Schein der einheimischen Währung mitzubringen. Auf den Kanalinseln wird der britische Pfund überall akzeptiert, aber sowohl Guernsey als auch Jersey haben jeweils ihren eigenen Guernsey- bzw. Jersey-Pfund, der lediglich auf allen Inseln der Kanalinseln akzeptiert wird. Der Umrechnungskurs ist dabei immer 1:1 zum britischen Pfund.

Der Flughafen befindet sich etwas außerhalb von der Hauptstadt St. Peter Port, aber die gesamte Insel ist mit Linienbussen gut vernetzt. Eine Fahrt kostet tagsüber gerade mal 1,60 £ pro Person, aber es gibt auch Tages- bzw. Familientarife, mit denen man unbegrenzt viele Fahrten machen kann. Über die eigene App namens „buses.gg“ lassen sich die aktuellen Positionen aller Busse einsehen und bequem Routen über die Insel planen. Das Ticket lässt sich beim Busfahrer nur kontaktlos bezahlen und Busse lassen sich prinzipiell außerhalb der Städte auch ohne Bushaltestelle heranwinken. Tatsächlich hatte ich den Airport-Express-Bus X95 knapp verpasst, aber da hier mehrere Busse pro Stunde fahren, nahm ich einfach den nächsten Bus in Richtung Town Terminus einige Minuten später. Dies war zwar kein Express-Bus und anstatt der flotten 20 Minuten fuhr jener dann 35 Minuten, aber so bekam ich auch schon mehr von der Insel zu sehen.

In St. Peter Port angekommen, erkundete ich die Stadt zu Fuß, musste aber schnell feststellen, dass sie touristisch nicht allzu viel zu bieten hat. Durch die hügelige Lage gibt es den ein oder anderen Aussichtspunkt, von dem man einen schönen Blick über die Stadt und das Hafengebiet hat. In der kleinen Fußgängerzone hatten die Geschäfte bereits geschlossen und lediglich ein paar Bars waren noch geöffnet. Meine gewählte Unterkunft lag etwas weiter nördlich, aber immer noch sehr gut fußläufig vom Hafen aus erreichbar. Ich hatte mich für das Gästehaus St Georges entschieden. Das Zimmer war sehr einfach und schlicht, aber zum Schlafen reichte es vollkommen aus. Bei einem Preis von 50 £ pro Nacht inklusive Frühstück konnte keines der anderen Hotels in der Stadt mithalten. Personal ist im Gästehaus nur vormittags anzutreffen und so lag mein Zimmerschlüssel einfach in einem Briefumschlag auf dem Rezeptionstresen, und das, obwohl ich bisher nur eine kleine Anzahlung geleistet hatte. Der Restbetrag wurde unkompliziert am nächsten Morgen bezahlt. Der Tag war lang und erlebnisreich gewesen, sodass ich mich zum Abendessen nur noch für eine Pizza zum Mitnehmen der Pizzeria Otto nebenan entschied.

Nach einer erholsamen Nacht wartete das Frühstück bereits in einem kleinen Korb vor der Zimmertür auf mich. Offiziell ab 08:00 Uhr, stand es aber bereits um 07:30 Uhr dort. Es bestand aus zwei warmen Croissants, Marmelade, Cornflakes mit Milch, Joghurt, Obst und einem Trinkpäckchen Apfelsaft. Bis auf den Apfelsaft hat sogar alles gut geschmeckt, und frühstücken auf dem Zimmer war auch angenehm. Ich musste auch relativ zeitig los, da heute direkt eine Fahrt auf die nächste Insel nach Sark anstand. Am Abend hatte ich aber noch etwas mehr Zeit, die Stadt weiter zu erkunden und die beleuchtete, historische Burg Cornet Rock anzusehen. Auch das Abendessen an jenem Abend im Slaughterhouse am Castle Pier war sehr empfehlenswert, zudem dort noch Bier der lokalen Brauerei Randalls ausgeschenkt wird.


Sark
Am Dienstagmorgen stand also meine Überfahrt mit der Fähre von Guernsey nach Sark an. Zu dieser Jahreszeit gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten nach Sark zu gelangen. Die Insel ist generell nur per Fähre erreichbar und es gibt keinen Flugverkehr zur Insel. Die einzige Fähre, die im April fuhr, wurde von der Sark Shipping Company betrieben, und ich hatte die Überfahrt bereits im Vorfeld über deren Internetseite gebucht. Am Morgen musste ich am Hafen noch kurz in deren Büro, um mein Ticket für meine Buchung abzuholen, für die ich 30,50 £ für die Hin- und Rückfahrt bezahlt hatte. Anschließend wartete ich mit den weiteren Passagieren noch eine knappe halbe Stunde am Pier, bis die Fähre zum Einsteigen bereit war. Das Schiff, das ausschließlich Fußgänger und deren Gepäck befördert, war nicht sehr groß, und ich war froh, im Vorfeld reserviert zu haben, denn es war ziemlich ausgebucht. Bei der freien Platzwahl ergatterte ich einen Platz am Fenster, und schon bald ging es über die noch ruhige See nach Sark.

Die Überfahrt dauerte ca. 45 Minuten und dann legten wir am Maseline Harbour an. Die Insel ist komplett autofrei, und als einzig motorisierte Fahrzeuge gibt es nur ein paar Trecker für die Landwirtschaft und die Lastenbeförderung. So kann man sich für ein paar Pfund von einem Trecker auf einem Anhänger sitzend den Hügel hochfahren lassen oder man geht eben zu Fuß. Da Sark nicht sehr groß ist, kann man die Insel durchaus erwandern oder alternativ mit einem Leihfahrrad erkunden. Ich hatte mich für letzteres entschieden und bereits im Vorfeld bei einem der zahlreichen Fahrradverleiher ein E-Bike reserviert. Preislich unterschieden sich die Anbieter geringfügig, und ich wählte aufgrund der für mich gut geeigneten Lage den Vermieter „A to B Cycles“. Daher bog ich direkt am Anfang des Harbour Hills auf den sogenannten Cliff Walk ab, der etwas versteckt, aber umso idyllischer liegt. Ein anfangs steiler Anstieg wurde schnell mit tollen Aussichten belohnt.

Beim Fahrradverleih angekommen, erhielt ich für 18 £ Tagesmiete ein E-Mountainbike inklusive Schloss und Helm. Damit hatte ich nun noch über 5 Stunden Zeit, die Insel abzufahren, und das hat auf dem Fahrrad wirklich viel Spaß gemacht. Man kommt auf den einigermaßen befestigten Hauptstraßen sehr schnell in alle Richtungen der Insel. In der Mitte der Insel liegt das Zentrum mit Kirche und einer kleinen Geschäftsstraße „The Ave“ mit ein paar Souvenir-, Bekleidungsgeschäften und Cafés.

Im Norden ist insbesondere das Naturschauspiel „The Window in the Rock“ empfehlenswert. Mit dem Fahrrad ist der Weg dorthin verboten und wäre auch zu gefährlich. Dazu muss man das Fahrrad wenige hundert Meter vorher abstellen und zu Fuß weitergehen. Dafür erwarten einen in dieser Gegend fantastische Ausblicke über die Steilküste. Im Süden liegt die Halbinsel „Little Sark“, die nur über einen Pass auf einem Bergrücken, dem sogenannten „La Coupée“, zu erreichen ist. Auch hier gilt ein Fahrverbot für Radfahrer, und alle Fahrräder müssen über den Pass geschoben werden. Bei meinem Besuch war ich der Einzige auf dem Übergang und konnte alles in Ruhe auf mich wirken lassen. Mittlerweile ist der Übergang sicher, aber bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war La Coupée noch nicht befestigt und hatte auch keine seitlichen Geländer. Bei starkem Wind war es daher vorgeschrieben, auf die andere Seite hinüber zu krabbeln, um nicht herunter geweht zu werden.

Landschaftlich hat Sark viel zu bieten, trotzdem hatte ich das Gefühl, am Ende des Tages alles Wichtige gesehen zu haben. Ein Tagesausflug mit dem Boot war daher die richtige Wahl gewesen. Nach der Rückgabe meines Leihfahrrades hatte ich noch ein wenig Zeit bis zum Ablegen der Fähre, sodass ich noch für ein kaltes, lokales Bier in die Mermaid Tavern eingekehrt und dort noch ein wenig mit den Einheimischen ins Gespräch gekommen bin.

Anschließend habe ich für den Weg zum Hafen dieses Mal den Hauptweg den Harbour Hill hinunter eingeschlagen. Am Hafen gibt es lediglich ein kleines Café, öffentliche Toiletten und einen Bürocontainer der Fährgesellschaft. Da ich mein Ticket für die Rückfahrt bereits hatte, musste ich aber nicht mehr ins Büro und konnte direkt auf die Fähre, nachdem diese angelegt und abgeladen war. Wieder ergatterte ich einen Sitzplatz am Fenster. War die Hinfahrt noch sehr ruhig, merkte man auf der Rückfahrt allerdings sehr deutlich den mittlerweile aufgezogenen starken Wind und die damit verbundenen hohen Wellen. Bei einem Besuch der im unteren Bereich des Schiffes liegenden Toiletten wurde man ordentlich von links nach rechts geschleudert. Nichtsdestotrotz dauerte die Überfahrt wieder nur 45 Minuten und wir legten pünktlich und sicher im Hafen von Guernsey an.


Jersey
An diesem Morgen musste ich sehr früh aus meiner Unterkunft auf Guernsey auschecken, da ich bereits einen frühen Flug nach Jersey gebucht hatte. Da ich keine Zeit mehr für ein ausgiebiges Hotelfrühstück hatte, wurde mir von der Frühstücksfrau netterweise kurzer Hand ein kleines Proviantpaket zum Mitnehmen gepackt. Zum Flughafen nahm ich einen Bus, der direkt am Hotel abfuhr, musste aber noch einmal in der Stadt am Town Terminus in einen anderen Bus umsteigen. So erreichte ich pünktlich das Terminal, in dem wie erwartet wenig Betrieb herrschte. Auch an der Sicherheitskontrolle war nichts los, trotzdem wurde ich rausgezogen, da ich tatsächlich eine Wasserflasche im Rucksack vergessen hatte – Anfängerfehler. Freundlicherweise wurde mir die Flasche dann aber geleert und ich durfte die leere PET-Flasche mitnehmen, da es direkt nach der Kontrolle einen kostenlosen Wasserspender gab, an dem man sie wieder auffüllen konnte. Eine Lounge gibt es im Flughafen Guernsey leider nicht, sodass ich auf einer der zahlreichen Bänke am Gate Platz nahm und mein Frühstückspaket verspeiste. Den Flug hatte ich extra bei einer weiteren, für mich neuen Fluggesellschaft gebucht, die ihren Sitz auch auf den Kanalinseln hat: Blue Islands. Die Flüge werden mit einer ATR 72-500 zwischen den Inseln und weiter nach Großbritannien durchgeführt. Der Flug startete pünktlich und war mit seiner 2-2-Bestuhlung mittelmäßig ausgelastet. Service gab es unterwegs nicht, da auch dieser Flug tatsächlich nur ganze 15 Minuten dauerte.

Der Flughafen auf Jersey ist nicht wesentlich größer als auf Guernsey und da es keine Passkontrolle gab und ich auch nicht auf etwaiges Gepäck warten musste, stand ich in Nullkommanix vor dem Terminal, wo bereits ein Doppeldeckerbus wartete. Busfahren funktioniert auf Jersey sehr ähnlich wie auf Guernsey. Es gibt wieder eine empfehlenswerte App (libertybus), mit der sich Routen planen, Busse in Echtzeit verfolgen und Tickets kaufen lassen. Eine beliebig weite Fahrt kostete 2,55 £ per Kreditkarte beim Fahrer oder in der App bzw. 3,00 £ mit Bargeld. Die Fahrt ins Stadtzentrum der Hauptstadt Saint Helier dauert je nach Buslinie, die man erwischt, zwischen 21 und 36 Minuten. An der Endstation im Zentrum stieg ich aus und machte mich direkt auf eine Erkundungstour durch die Stadt.

Um es gleich vorweg zu nehmen, Saint Helier hat mir ausgesprochen gut gefallen und steht damit in keinem Vergleich zu St. Peter Port in den vergangenen Tagen. Die Gebäude der Stadt sind ein Mix aus Vergangenheit und Moderne. Schöne alte Bauten, insbesondere in Hafennähe, werden flankiert von großen Bürogebäuden mit Glasfronten. Ein blauer, wolkenloser Himmel ließ sich die Stadt auch noch einmal von ihrer besten Seite zeigen. Das Thema der Befreiung nach der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkrieges ist auch auf Jersey überall präsent. Überall entdeckt man Denkmäler, Skulpturen und Informationsschilder, die an die Geschichte erinnern und darüber aufklären. Namen wie Liberation Square, Liberation Station als Endstation des Liberty Bus, der Freedom Tree an der Promenade und natürlich auch das lokale auf Jersey gebraute Liberation Ale sind überall präsent.

Da ich noch etwas Zeit hatte, bis ich in meinem Hotel einchecken konnte, wollte ich auf meinem Weg noch das Fort Regent, eine Festung von Anfang des 19. Jahrhunderts, besichtigen. Da ich mich im Vorfeld nicht allzu viel darüber informiert hatte, hatte ich wohl eine historische Befestigungsanlage, vielleicht mit einem Museum, erwartet. Vor Ort wurde ich dann doch sehr enttäuscht. Von dem Fort sind maximal noch die Außenmauern authentisch. Im Innern befindet sich nun ein spärliches Erholungszentrum mit Spielplatz und Turnhalle für Kinder. Das einzig noch kulturell lohnende ist der versteckte und nicht ausgeschilderte Weg in den Außenbereich. Hierzu muss man von drinnen eine der Treppen am äußeren Rand nach oben nehmen und eine nicht verschlossene Tür nach draußen finden. Hat man diese Hürden genommen, befindet man sich auf dem Dach des Forts, auf dem ein Rundweg durch kleine Gärten mit Aussicht über die Stadt angelegt ist. Hier war ich erwartungsgemäß auch komplett alleine.

Anschließend setzte ich meinen Weg über die südöstliche Promenade und am Strand entlang fort. Es gab ein paar kleine Bistros und Imbisse und dann erreichte ich den „Havre Des Pas Bathing Pool“. Dieser ist ein großer halboffener Ring aus Beton im Meer, der während der Flut kaum zu sehen ist, aber während der Ebbe an dieser Stelle das Meerwasser zurückhält und so ein kleines Becken bildet. Trotz der Jahreszeit war dieses Becken gut besucht. Leider hatte ich keine Badehose in meinem Handgepäck, sodass ich es nicht selbst ausprobieren konnte.

Unweit des Pools lag dann auch das Hotel de Normandie, meine Unterkunft während meines Aufenthaltes. Vom Stadtzentrum ist es etwas weiter weg, aber direkt am Strand und der Preis für das Zimmer inklusive Frühstück ist unschlagbar gewesen. Der Check-In an der Rezeption ging schnell vonstatten und schon erhielt ich den Schlüssel zu meinem Einzelzimmer. Nett eingerichtet, aber ansonsten sehr schlicht beinhaltete es das Bett, einen Schreibtisch, einen Schrank und ein kleines Bad mit Dusche – kein Luxus, aber mehr als ausreichend.

Lange konnte ich im Zimmer nicht verweilen, denn der nächste Programmpunkt des Tages drängte: der Besuch von Elizabeth Castle. Die Burg liegt einen guten Kilometer vor der Küste und ist nur bei Niedrigwasser zu Fuß zu erreichen. Ich hatte mich im Vorfeld im Tidekalender informiert und der niedrigste Stand sollte heute um 15:00 Uhr erreicht sein. Unabhängig vom Wasserstand verkehren zwei Amphibienfahrzeuge zwischen Strand und Burg. Zum einen wollte ich mir aber diese Kosten ersparen, zum anderen ist es auch ein tolles Erlebnis über den Meeresboden zu laufen. Also machte ich mich auf den Weg und obwohl die Sonne noch am überwiegend blauen Himmel schien, zogen bereits dunkle Wolken vom Meer her auf. Der Fußweg durch das Meer wird durch Betonplatten erleichtert und so war die Distanz in knapp 15 Minuten schnell überwunden. Je näher man der Burg kam, desto imposanter wurde ihre Erscheinung. Ursprünglich im 16. Jahrhundert erbaut, zeigen die Mauern die Spuren verschiedener Konflikte über die Jahrhunderte bis hin zur deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Am Eingangstor wird man dann aber erst einmal von einem Kassenhäuschen empfangen, das stolze 18,95 £ für den Eintritt aufruft. Während ich überlegte, ob es mir das wert sei, erkundete ich die Burg von außen und ging an der östlichen Mauer entlang über den freigelegten, felsigen Meeresboden. Bereits von außen gab es einige interessante Sachen zu entdecken. Für diesen Weg sollte man aber zugegebenermaßen trittsicher sein. Zu meiner positiven Überraschung konnte ich dann hinter der Burg über den alten Hafenkai wieder auf offizielle, befestigte Wege wechseln. Hier befindet sich noch ein langer Pier aufs Meer hinaus und auf einem angrenzenden Felsen die Eremitenklause, die wohl insbesondere bei hohem Wellengang nur schwer zu erreichen war. Natürlich erklomm ich die Stufen zur Klause empor und hatte einen wunderbaren Ausblick über Elizabeth Castle und Saint Helier im Hintergrund.

Für den Rückweg blieb ich auf den offiziellen Pfaden und konnte so ohne weitere Eintrittskontrollen doch noch einen Blick ins Innere der Burg werfen. Einige Räume waren so eingerichtet, wie es wohl in den ersten Jahrhunderten nach dem Bau ausgesehen haben mag, andere zeigten deutlich die schlichte Beton-Architektur während der Besatzungszeit. Auch eine Sammlung an verschiedenen Kanonen und Geschützen, die über den Zeitverlauf auf der Burg stationiert waren, war ausgestellt. Langsam zogen dunkle Wolken vom Meer herauf, aber die Wärme und die Wanderung ließen mich trotzdem noch einen Abstecher ins Burgcafé machen, in dem ich noch ein kühles lokales IPA, ein „Stinky Bay“, genießen konnte.

Auf meinem Rückweg über den wasserlosen Meeresboden passierte es dann und ich wurde von einem heftigen Regenschauer durchnässt. Dieser hielt passenderweise genau so lange an, wie ich zum Erreichen des Strandes und somit zur ersten Möglichkeit zum Unterstellen brauchte. Da sich im Anschluss aber auch schnell wieder die Sonne blicken ließ, trocknete meine Kleidung zügig, sodass ich noch ein wenig durch die Stadt streifen konnte. Den Tag beendete ich mit einem leckeren Abendessen direkt im Hotelrestaurant und einem Bier von der Hotelbar.

Der Schlaf war erholsam und doch ging es morgens wieder früh raus. Das inkludierte Hotelfrühstück war angemessen und bot eine gute Auswahl von dem, was Engländer so gerne frühstücken. Heute hatte ich noch den ganzen Vormittag zur freien Verfügung, den ich dazu nutzte, mir weitere Teile der Stadt anzusehen. Einige alte Kirchen und belebte Plätze waren dabei.

Um die Mittagszeit musste ich dann wieder zur Busstation in der Innenstadt, um den Doppeldeckerbus zurück zum Flughafen zu nehmen. Der Flughafen von Jersey ist zwar auch nicht groß, aber immerhin der größte auf den Kanalinseln und es gab sogar die Executive Lounge, in der man bei ein paar Kleinigkeiten zu essen und einer sehr guten Getränkeauswahl die Zeit bis zum Boarding verbringen konnte. Aus Kostengründen hatte ich für den Heimweg eine Verbindung mit easyJet über London Gatwick gewählt, wobei der Flug Gatwick-Düsseldorf sogar erst seit wenigen Wochen im Flugplan war.